Dauerhaft wirksame antimikrobielle Textilausrüstung reduziert Infektionen und entlastet Umwelt
Die Corona-Pandemie und die weltweit steigende Zahl von Krankenhausinfektionen mit multiresistenten Keimen rücken antimikrobielle Textilausrüstungen zunehmend in den Fokus. Eine innovative, auf Ultraschall basierende Veredelungstechnologie, die von Sonovia, Brückner Textile Technologies und Weber Ultrasonics entwickelt wurde, bietet dabei entscheidende Vorteile: Da die Imprägnierung industrielle Anforderungen an die Waschbeständigkeit erfüllt, bleibt sie langfristig aktiv – auch gegen Coronaviren. Außerdem minimiert der neue Sono-Finishing-Prozess die mit der klassischen Textilveredelung verbundene Umweltbelastung.
Textilien antimikrobiell auszurüsten, ist per se nichts Neues. Da ein Großteil der gegen Bakterien, Viren und Pilze schützenden Imprägnierungen mit Hilfe chemischer, nicht dauerhaft waschbeständiger Bindemittel aufgebracht wird, ist die Schutzwirkung zeitlich begrenzt. Außerdem sind die eingesetzten Chemikalien und Substanzen ökologisch teilweise bedenklich. Es kann daher nicht nur zu einer hohen Umweltbelastung, sondern auch zu Schadstoffrückständen am fertigen Produkt kommen. „Damit antimikrobiell ausgerüstete Textilien wie Berufskleidung für medizinisches Personal, Objektwäsche für Kliniken oder auch Mund-Nasen-Masken die Ansteckungsgefahr spürbar verringern können, muss die Imprägnierung den häufigen Wäschen im medizinischen Bereich bei hohen Temperaturen standhalten. Sie darf während der üblichen Nutzungsdauer nichts an Wirksamkeit verlieren“, beschreibt Liat Goldhammer, technische Geschäftsführerin der Sonovia Ltd., eine wesentliche Voraussetzung. Darüber hinaus muss die Textilveredelung heutige ökonomische und ökologische Anforderungen erfüllen.
Sonochemischer Prozess als Lösung für Textilen aller Art
Das israelische Startup Sonovia Ltd. hat 2017 damit begonnen, ein an der Bar Ilan Universität in Israel entwickeltes und patentiertes Sono-Finishing-Verfahren zu industrialisieren. Der einstufige, sonochemische Veredelungsprozess ist für Textilien aller Art – hergestellt aus Naturfasern wie Baumwolle, Leinen und Seide, synthetischen Materialien und Mischungen daraus – anwendbar. Das Verfahren, bei dem Zinkoxid-Nanopartikeln als Wirkmedium eingesetzt werden, basiert auf dem physikalischen Phänomen der akustischen Kavitation: Durch die Einwirkung von Ultraschall bilden sich in der mit den Nanopartikeln gemischten Flotte kontinuierlich kleine Bläschen, die sich ausdehnen und dann innerhalb von Sekundenbruchteilen kollabieren. Dadurch entstehen sehr energiereiche Mikroströmungen, die sich mit rund 500 Metern pro Sekunde fortbewegen. Sie „reißen“ die Partikel mit und verankern sie fest in den auszurüstenden Textilien. „Dies ist ein signifikantes Unterscheidungsmerkmal unserer Technologie gegenüber klassischen Verfahren zur Textilveredelung mit chemischen Bindemitteln“, erklärt Liat Goldhammer. „Mit der Sono-Finishing-Technologie werden die Partikel mechanisch eingebettet, so dass die antimikrobiellen Eigenschaften dauerhaft erhalten bleiben.“ Darüber hinaus sind für diesen Veredelungsprozess keine umweltbelastenden Bindemittel erforderlich und der Einsatz von Chemikalien kann um bis zu 50 Prozent reduziert werden. Entscheidend für die zuverlässige Applikation der antimikrobiell wirksamen Zinkoxidpartikel ist die Ausbildung der Kavitationsblasen durch den Ultraschall in der Flotte. Standard-Ultraschallsysteme sind für diese Anwendung nicht einsetzbar.
Starke Partner für die Industrialisierung
Um den Prozess vom universitären Labormaßstab in eine Produktionstechnologie für die industrielle Großserienfertigung zu überführen, hat sich Sonovia mit Brückner Textile Technologies, Hersteller von Textilveredelungsanlagen und Entwickler von Prozesstechnologien, sowie Weber Ultrasonics, einem international agierenden Hersteller von Ultraschallkomponenten, zwei in ihrer Branche weltweit führende Spezialisten ins Boot geholt. „Beide Unternehmen waren vom Potential dieser Innovation überzeugt und sind eine Partnerschaft mit uns eingegangenen. Für so etablierte Unternehmen ist das nicht selbstverständlich, da die Zusammenarbeit mit einem Startup ja auch gewisse Risiken hat“, merkt Liat Goldhammer an.
Während die R&D-Abteilung von Weber Ultrasonics ein für diese Anwendung maßgeschneidertes Ultraschallkonzept entwickelte, wurde bei Brückner ein entsprechendes Auftragsaggregat entwickelt und gebaut, das auch aus technologischer Sicht in einen kontinuierlichen Veredelungsprozess integriert werden kann. Der erste Anlagenprototyp für den sonochemischen Ausrüstungsprozesses ist seit Anfang 2019 im Brückner-Technologiezentrum im Einsatz.
Technische, ökologische und ökonomische Vorteile
Wesentliche Aspekte dabei waren neben maximaler Prozesssicherheit die heute in der Textilindustrie gestellten Anforderungen an Produktivität, Zuverlässigkeit, Nachhaltigkeit, Wartungsfreundlichkeit und Kosteneffizienz. Im Vergleich zur konventionellen Textilausrüstung bietet der neue Prozess nicht nur Vorteile hinsichtlich der Haltbarkeit der antimikrobiellen Eigenschaften und Umweltverträglichkeit, er ermöglicht auch Kosteneinsparungen. „Die Entwicklung ist zwar noch nicht komplett abgeschlossen, erste, konservative Berechnungen ergaben jedoch, dass Einsparungen von rund zehn Prozent durch den reduzierten Chemikalienverbrauch realisiert werden können“, merkt Liat Goldhammer dazu an.
Das neue Auftragsaggregat, das einem Foulardtrog ähnlich ist, kann problemlos auch in bereits bestehende Anlagenlinien integriert werden. Es ermöglicht, sowohl Web- und Maschenwaren als auch Vliesstoffe und Teppiche auszurüsten.
Geprüft waschbeständig und wirksam – auch gegen Coronaviren
Um die dauerhafte und zuverlässige, antibakterielle Wirksamkeit der sonochemischen Textilausrüstung nachzuweisen, führte Sonovia entsprechende Untersuchungen mit renommierten Textilforschungs- und Zertifizierungsinstituten weltweit durch. Sie bestätigten unter anderem, dass die veredelten Stoffe nach zahlreichen Waschzyklen bei hohen Temperaturen noch über ihre vollen antimikrobiellen Eigenschaften verfügen.
Inzwischen fertigt und vertreibt Sonovia aus Stoffen, die mit diesem Verfahren antimikrobiell ausgerüstet wurden, Mund-Nasen-Masken. Eine im Sommer 2020 durchgeführte Untersuchung belegte eine Wirksamkeit von über 99 Prozent gegen Sars-CoV-2-Viren. Außerdem filtert die Maske 95 Prozent drei Mikrometer großer Partikel aus, diese Partikelgröße wurde von der WHO als relevant für die Verbreitung von Covid-19 identifiziert.
Die nachgewiesene, dauerhafte Schutzwirkung sowie der bedienerfreundliche und nachhaltige Prozess machen diese neue Technologie zu einer optimalen Lösung für die Ausrüstung von Berufskleidung für medizinisches und pflegerisches Personal, Objektwäsche für Kliniken, Altenheime sowie Hotels und viele weitere Bereiche, in denen Infektionsschutz und Hygiene ein Muss sind. Interessiert an sonochemisch ausgerüsteten Textilen sind aber beispielsweise auch die Mode- und Sportbekleidungsindustrie, der Automotive-Bereich sowie Ausstatter von Schienenfahrzeugen. Entsprechende Tests können ab dem zweiten Quartal 2021 im Technologiezentrum von Brückner Textile Technologies auf der Versuchsanlage durchgeführt werden.
Die modulare Lösung für die sonochemische, antimikrobielle Ausrüstung von Textilen jeder Art lässt sich problemlos auch in bestehende Anlagenlinien integrieren. Die Versuchsanlage im Brückner-Technologiezentrum steht ab dem zweiten Quartal 2021 für Warenversuche nach Absprache zur Verfügung.